Staplerfahren ohne PKW‑Führerschein: Was gilt im Betrieb und im öffentlichen Raum?
Ist ein PKW‑Führerschein nötig, um einen Gabelstapler zu fahren?
Diese Frage kursiert häufig. Die Antwort ist klar: Nein, ein PKW‑Führerschein ist keine Voraussetzung, um einen Gabelstapler zu bedienen. Stattdessen ist der sogenannte Staplerschein (oder korrekter: Flurfördermittelschein) maßgeblich—und sie stehen in keinem juristischen Zusammenhang. Ein PKW-Führerschein alleine berechtigt nicht zum Fahren eines Staplers, ebenso wie der Staplerschein nicht als Ersatz für eine Kraftfahrzeug-Fahrerlaubnis dient.
Im beruflichen Kontext wird für den Staplereinsatz eine spezielle Schulung benötigt, die sich nach den berufsgenossenschaftlichen Vorschriften (DGUV Vorschrift 68 und DGUV Grundsatz 308‑001) richtet: Theorie, Praxis und Prüfung inklusive Beauftragung durch den Arbeitgeber sind dafür erforderlich. Auch eine jährliche Unterweisung ist Pflicht, um den Versicherungsschutz zu gewährleisten.
Anwendungen unterscheiden sich je nach Einsatzbereich:
• Innerbetrieblich (privater bzw. betriebseigener Bereich): Ein gültiger Staplerschein und schriftlicher Fahrauftrag genügen. Ein PKW-Führerschein ist in diesem Fall irrelevant.
• Öffentlicher Verkehrsraum: Sobald ein Stapler auf öffentlicher Straße genutzt wird, ist zusätzlich eine Fahrerlaubnis der Klasse L (oder bei größeren Gewichten/ Geschwindigkeiten ggf. B, C1/C) erforderlich. Der Staplerschein allein reicht hierfür nicht aus.
Was ist der Staplerschein?
Gesetzliche Grundlagen
Der sogenannte „Staplerschein“ gilt in Deutschland als offizieller Flurfördermittelschein – die Berechtigung zum Führen von Gabelstaplern und ähnlichen Flurförderzeugen. Er wird durch die DGUV Vorschrift 68 (“Flurförderzeuge”) geregelt, die festlegt, dass nur Personen ab 18 Jahren, mit entsprechender Eignung, Ausbildung und Befähigung von ihrem Arbeitgeber schriftlich beauftragt werden dürfen.
Zusätzlich ist die Ausbildungsstruktur im DGUV Grundsatz 308‑001 (ehem. BGG 925) festgelegt. Hier sind Umfang und Inhalte der theoretischen und praktischen Schulung sowie Prüfungsmodalitäten verbindlich festgehalten.
Inhalt und Ablauf der Ausbildung
Die Staplerschein-Ausbildung nach DGUV Grundsatz 308‑001 gliedert sich in drei Phasen:
1. Theoretische Schulung – Gesetzesgrundlagen, Unfallverhütung, Technik, Betriebsanweisung, Fahrphysik, Sicherheitsregeln etc.
2. Praktische Ausbildung – Einweisung am Gerät, Fahrübungen, Lastentransport, Standsicherheit, tägliche Einsatzprüfung.
3. Abschlussprüfung – Theorie-Test und praktische Fahrprüfung, üblicherweise am zweiten Tag. Nach erfolgreicher Teilnahme erhält der Teilnehmer den Flurfördermittelschein mit Foto und eingetragenen Gerätespezifikationen (z. B. Staplertyp, Tragfähigkeit).
Der Staplerschein ist grundsätzlich zeitlich unbegrenzt gültig.
Voraussetzungen: Mindestalter & Eignung
• Mindestalter: Üblicherweise 18 Jahre (§ 7 Abs. 1 DGUV Vorschrift 68). Eine Ausnahme betrifft minderjährige Auszubildende unter Aufsicht – hierbei liegt kein selbstständiges Steuern im UVV-Sinne vor und daher handelt es sich nicht um verbotene Tätigkeit.
• Körperliche Eignung: Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die Personen gesundheitlich geeignet sind – häufig durch die G25-Untersuchung, ähnlich wie bei Berufskraftfahrern. Sehkraft, Hörvermögen, Konzentrationsfähigkeit und körperliche Belastbarkeit sind entscheidend.
• Schriftliche Beauftragung: Nur wer vom Unternehmer schriftlich als Staplerfahrer beauftragt ist, darf das Gerät bedienen. Diese Beauftragung ist gerätespezifisch und betriebsbezogen und dokumentiert häufig auch die Unterweisung und Geräteeigenschaften im internen Fahrausweis.
PKW‑Führerschein vs. Staplerschein: Was gilt?
Keine Voraussetzung, kein Ersatz – unabhängig und unterschiedlich
• Ein PKW‑Führerschein berechtigt nicht zum Führen eines Gabelstaplers. Dafür ist ausschließlich der Staplerschein (Flurfördermittelschein) relevant.
• Umgekehrt hat der Staplerschein keine rechtliche Wirkung im öffentlichen Straßenverkehr – wer einen Stapler außerhalb betriebseigener Gelände steuert, benötigt eine Fahrerlaubnis der Klasse L (oder ggf. Klasse B/C1/C) und ein entsprechend ausgestattetes Fahrzeug.
Verlust des PKW‑Führerscheins ≠ Verlust des Staplerscheins
• Bei Entzug des PKW‑Führerscheins dürfen Mitarbeiter weiterhin innerbetrieblich Gabelstapler fahren, sofern sie einen gültigen Staplerschein besitzen und vom Arbeitgeber ordnungsgemäß schriftlich beauftragt sind. Der Straßenverkehrsrechtliche Führerschein ist in diesem Rahmen nicht erforderlich.
• Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber informiert wird. Dann kann er—je nach den Umständen des Führerscheinentzugs—überprüfen, ob gesundheitliche Bedenken vorliegen (z. B. erneut eine G25-Untersuchung veranlassen) und gegebenenfalls Einschränkungen beim Staplerfahren festlegen.
• Staplerschein ≠ PKW‑Führerschein: Beide sind getrennte Qualifikationen mit unterschiedlichen Einsatzbereichen.
• Der Staplerschein ist Pflicht für sämtliche innerbetriebliche Flurförderfahrten – unabhängig vom Besitz eines PKW-Führerscheins.
• Fahrerlaubnis der Klasse L (oder höher) ist nur bei Nutzung im öffentlichen Verkehrsraum erforderlich.
• Bei Entzug des PKW‑Führerscheins bleibt der Staplerschein formal gültig, der Arbeitgeber muss aber über die Umstände informiert werden und kann ggf. Maßnahmen zur Neuprüfung der Eignung veranlassen.
Staplerbetrieb im öffentlichen Verkehrsraum
Wann wird ein PKW‑Führerschein oder Klasse L gebraucht?
• Wer einen Gabelstapler im öffentlichen Verkehrsraum nutzen möchte, benötigt – zusätzlich zum Staplerschein – je nach bauartbedingter Höchstgeschwindigkeit eine Fahrerlaubnis der Klasse L oder ggf. B, C1/C (§ 2 FeV).
• Für Stapler mit < 6 km/h Höchstgeschwindigkeit reicht der Staplerschein allein – kein PKW‑Führerschein ist erforderlich.
• Bei Staplern mit 6–20 km/h ist die Klasse L erforderlich (§ 2 Nr. 17 FeV).
• Überschreitet der Stapler eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h, wird in der Regel die Klasse B (Auto) oder bei höheren Gewichten C1/C notwendig.
Vorschriften und technische Anforderungen
Genehmigungen & Betriebserlaubnis
• Da Stapler meist nicht den Normen der StVZO entsprechen, ist eine Einzelbetriebserlaubnis über eine Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO plus eine Erlaubnis gemäß § 29 Abs. 3 StVO erforderlich.
• Das Verfahren beinhaltet unter anderem ein TÜV-Gutachten, Lageplan, Versicherungsnachweis und Begründung für die Notwendigkeit des öffentlichen Einsatzes.
Technische Ausstattung
• Um auf öffentlichen Wegen betrieben werden zu dürfen, sind folgende Ausstattungsmerkmale Pflicht :
• Beleuchtungssysteme (Scheinwerfer, Blinker, Brems- und Schlussleuchten, Rückfahrerlicht)
• Außenspiegel bzw. Kameras
• Warndreieck & Hupe
• Rückstrahler oder Reflektoren
• Absicherung der Gabelzinken (§ 30 StVZO) in rot-weiß oder durch spezielle Vorrichtungen
• Kennzeichnung / Kennzeichenpflicht:
• Bis 6 km/h: keine Kennzeichnung notwendig
• 6–20 km/h: Halterkennzeichnung (z. B. Betriebsschild)
• Über 20 km/h: amtliches Kennzeichen und gültige Betriebserlaubnis erforderlich.
Versicherungs‑ und Haftungsfragen
• Ohne entsprechende Sonderausstattung oder fehlende Genehmigungen entfallen die Zulassung und der Versicherungsschutz im Fall eines Unfalls.
• Verstößt der Fahrer gegen Vorschriften der StVO, drohen Bußgelder, Punkte oder strafrechtliche Folgen.
Staplerfahren auf privatem Betriebsgrund
Innerbetrieblicher Verkehr: Nur Staplerschein und schriftliche Beauftragung nötig
• Für den betriebseigenen Verkehrsbereich reicht der Staplerschein (Flurfördermittelschein) aus – ein PKW-Führerschein ist hier nicht erforderlich.
• Zusätzlich muss der Fahrer eine schriftliche Beauftragung vom Arbeitgeber erhalten. Diese nach § 7 DGUV Vorschrift 68 vorgeschriebene Beauftragung ist gerätespezifisch und dokumentiert den erlaubten Einsatzbereich.
Rechtliche Rahmenbedingungen & Arbeitgeberpflichten
Beauftragung und Dokumentation
• Der Arbeitgeber darf Beschäftigte nur dann zum eigenständigen Fahren von Staplern autorisieren, wenn diese mindestens 18 Jahre alt sind, körperlich, geistig und charakterlich geeignet sind, ausgebildet und geprüft wurden und den Staplerschein besitzen.
• Die Beauftragung muss schriftlich erfolgen – idealerweise in Form eines Fahrausweises, der auch Typ, Tragfähigkeit und Betriebsteil nennt.
Einweisung, Unterweisung & Auffrischung
• Vor Einsatz auf firmeneigener Fläche ist eine betriebsspezifische Einweisung (gerätespezifisch, Wegeführung, Betriebsregeln) erforderlich und zu dokumentieren.
• Alle Staplerfahrer müssen mindestens jährlich unterwiesen werden, um Kenntnisse über gesetzliche Änderungen, betriebliche Regeln und Unfallverhütung aufzufrischen.
Eignungsprüfung
• Die körperliche, geistige und charakterliche Eignung muss vom Arbeitgeber überprüft und dokumentiert werden – häufig erfolgt dies mittels arbeitsmedizinischer Untersuchung (z. B. G25 bzw. E‑FSÜ) oder durch Führungskräfte nach standardisierten Kriterien.
Weitere Arbeitgeberpflichten
• Gemäß der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) muss der Arbeitgeber Gefährdungsbeurteilungen erstellen und dafür sorgen, dass nur qualifizierte Mitarbeiter Stapler fahren – auch bei Einsätzen auf Privatgrundstücken oder Betriebsgeländen, die öffentlich zugänglich sind.
Für den Staplereinsatz auf privatem Betriebsgrund gelten klare Vorgaben: Wer einen Stapler führt, muss nicht nur einen Staplerschein besitzen, sondern auch vom Arbeitgeber schriftlich beauftragt sein sowie regelmäßig unterwiesen und als geeignet befunden werden. Nur so sind Sicherheit, Unfallverhütung und Versicherungsschutz gewährleistet – und zugleich rechtskonform gearbeitet.
Praxisfälle & Tipps für Arbeitgeber und Unternehmen
Kostenübernahme & G25-Untersuchung
• Staplerschein-Kosten fallen je nach Anbieter häufig zwischen 250 € und 350 € an (z. B. zweitägige Kursformate) – direkte Förderung durch Agentur für Arbeit oder Bildungsträger ist möglich, ebenso die komplette oder teilweise Übernahme durch den Arbeitgeber, insbesondere wenn der Staplerschein Voraussetzung der Tätigkeit ist.
• Die G25-Untersuchung, heute offiziell als E‑FSÜ bezeichnet, ist rechtlich nicht verpflichtend, gilt aber als bewährte Instrument zur Eignungsbestimmung – viele Arbeitgeber nutzen sie zur rechtssicheren Dokumentation der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter.
• Empfehlung: Der Arbeitgeber führt im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eine Eignungsprüfung durch – eine arbeitsmedizinische Untersuchung kann dabei helfen, Risiken zu erkennen und sicher verfügbare Einsatzkräfte festzuhalten.
Jährliche Unterweisung (§ DGUV 68)
• Eine jährliche Sicherheitsunterweisung ist gemäß DGUV Vorschrift 68 und Arbeitsschutzgesetz vorgeschrieben – unabhängig davon, wann der Staplerschein erworben wurde.
• Inhalte sollten praxisrelevant sein: Änderungen in Betriebsanweisungen, Gefährdungspotenziale, technische Neuerungen oder wechselnde Staplertypen und Einsatzorte.
• Die Unterweisung kann auch per E‑Learning erbracht werden und rechtssicher dokumentiert werden. Arbeitgeber können nach § 13 ArbSchG auch externe oder interne Fachkräfte zur Unterweisung einsetzen – sofern diese qualifiziert sind.
Umgang mit Führerscheinentzug & interne Kommunikation
• Wenn ein Mitarbeiter seinen PKW-Führerschein verliert, bleibt der Staplerschein formal weiterhin gültig – innerbetrieblicher Einsatz ist möglich, sofern der Arbeitgeber über den Führerscheinentzug informiert ist und keine gesundheitlichen oder arbeitsrechtlichen Bedenken bestehen.
• Der Arbeitnehmer sollte den Entzug möglichst frühzeitig ankündigen, spätestens jedoch sobald er von dem Entzug erfährt – insbesondere, wenn dieser Auswirkungen auf betriebliche Aufgaben haben könnte.
• Nach Kenntnisnahme prüft der Arbeitgeber, ob weiterhin Eignung gegeben ist – ggf. unter erneuter G25-Untersuchung oder angepassten Einsatzbedingungen. Nur bei klarer Untauglichkeit darf das Beauftragungsverhältnis widerrufen werden.
• Nur so lassen sich Rechtskonformität, Unfallsicherheit und betriebliches Risikomanagement miteinander in Einklang bringen – und gleichzeitig das Fortbestehen eines Mitarbeitereinsatzes trotz Führerscheinentzug ermöglichen, sofern keine Eignungsbedenken bestehen.