Der Honeycombing-Effekt: Wie Sie verlorene Lagerkapazitäten vermeiden

Der Honeycombing-Effekt, oft auch als „Waben-Effekt“ bezeichnet, beschreibt das Phänomen, bei dem Lagerplätze zwar leer, aber dennoch blockiert und somit ungenutzbar bleiben. Diese unzugänglichen Stellplätze entstehen typischerweise durch eine sehr starre Platzierungsstrategie, bei der bestimmte Lagerplätze exklusiv für genau definierte Artikel (SKUs) reserviert sind. Wenn nun Einheiten eines solchen Artikels entnommen werden und nicht ausreichend gleichartige Einheiten verfügbar sind, um diese Stellen aufzufüllen, entsteht ein leerer aber gesperrter Raum – der Lagerplatz geht effektiv verloren.

Insbesondere in statischen Lagersystemen mit festen Lagerplätzen – im Gegensatz zu chaotischer Lagerhaltung – tritt der Honeycombing-Effekt häufig auf. Systeme wie Einfahrregale (Drive-In-Palettenregale) sind besonders anfällig: Wenn etwa ein Teil eines Kanals entnommen wird und das verbleibende Sortiment nicht zur Wiederbefüllung passt, entstehen Lücken, die sich nicht kurzfristig anderweitig nutzen lassen.

Ursachen des Honeycombing-Effekts

Ein wesentlicher Treiber des Honeycombing-Effekts ist die Kluft zwischen Handling-Effizienz und Lagereffizienz. Eine hohe Handling-Effizienz entsteht dadurch, dass bestimmte Lagerplätze exklusiv für einzelne Artikeltypen vorgesehen sind. Das erleichtert die Handhabung, kann aber dazu führen, dass freie Lagerplätze leer bleiben und dennoch gesperrt sind – was letztlich den Lagerraum nicht optimal nutzt.

Ein häufig gewähltes Beispiel für einen solchen Fall ist das Drive-In-Regalsystem. Hier wird pro Lagerkanal nur ein einziger Artikeltyp (SKU) gelagert – sowohl in der Tiefe (horizontal) als auch in der Höhe (vertikal). Wenn nun Einheiten dieser Artikel entnommen werden und nicht genügend identische Einheiten vorhanden sind, um die stelle wieder aufzufüllen, entstehen Lücken. Diese Standorte bleiben ungenutzt, obwohl sie technisch leer sind.

Darüber hinaus wird zwischen vertikalen und horizontalen Honeycombing-Effekten unterschieden:

Vertikales Honeycombing bezeichnet Leerstände entlang der Höhe eines Lagerkanals, beispielsweise wenn in einem Drive-In-Kanal nur einige Ebenen befüllt sind, andere aber leer bleiben, weil kein passender Bestand zur Verfügung steht.

Horizontales Honeycombing beschreibt ungenutzte Plätze in der Tiefe eines Lagerkanals – etwa wenn ein Lagerkanal nur teilweise befüllt ist und Platz auf der dahinterliegenden Position freibleibt.

In vielen Lagern mit festen Stellplatzstrategien – im Gegensatz zur chaotischen Lagerhaltung – sind solche Effekte fast zwangsläufig, weil eine flexible Umlagerung oder Auffüllung der Plätze für andere Artikel nicht vorgesehen ist.

Kosten und Auswirkungen

Direkte Kosten

Der Honeycombing-Effekt führt unmittelbar zu verlorener Lagerkapazität: Obwohl Lagerplätze leer sind, bleiben sie blockiert und damit effektiv ungenutzt. Das führt dazu, dass weniger Einheiten gelagert werden können als die nominale Kapazität erlaubt – eine direkte Verschwendung von Volume und Potenzial. Damit steigt der Lagerhaltungspreis pro Einheit, weil die gleichen Fixkosten auf weniger genutzte Lagerfläche verteilt werden müssen.

Erhöhte Lagerhaltungskosten

Der ineffiziente Raumeinsatz verursacht höhere Gesamtkosten. Einerseits entsteht ein Bedarf nach zusätzlichem Lagerraum, um das gleiche Inventarvolumen zu speichern. Andererseits steigt der Aufwand für Lagerverwaltung, da Ressourcen für unproduktive Lagerfläche eingesetzt werden – etwa mehr Energie, Verwaltungsaufwand oder Versicherungskosten.

Indirekte Kosten

Der ungleichmäßige Lagerbestand durch Honeycombing sorgt für eine spürbare Komplexität in der Kommissionierung. MitarbeiterInnen müssen längere Wege bewältigen, um die richtigen Artikel zu finden, und oft sind zusätzliche Handgriffe nötig, um an blockierte Lagerplätze zu gelangen. Das geht zulasten von Produktivität und erhöhtem Aufwand bei der Auftragsabwicklung.

Darüber hinaus stellen potenzielle Sicherheitsrisiken eine relevante indirekte Folge dar: In dicht gepackten Regalsystemen mit blockierten Stellen kann das Bewegen von Artikel, das Umfahren oder Umlagern instabiler Bestände das Unfallrisiko erhöhen. Besonders bei Drive-In- oder Push-Back-Systemen steigt die Gefahr durch unsaubere Lasten, unvorhergesehene Bewegungen oder Staplerkollisionen.

Zusammengefasst: Der Honeycombing-Effekt verursacht nicht nur direkte Kosten durch verlorene Kapazität und höhere Lagerhaltungskosten pro Einheit, sondern auch indirekte Kosten durch ineffizientere Kommissionierung und potentiell erhöhte Sicherheitsrisiken.

Strategien zur Vermeidung des Honeycombing-Effekts

Ein zentraler Ansatz zur Reduzierung des Honeycombing-Effekts besteht in der Implementierung dynamischer Slotting-Strategien, bei denen die Lagerplatzvergabe flexibel an die aktuelle SKU-Umschlagshäufigkeit angepasst wird. Insbesondere moderne Warehouse-Management-Systeme (WMS) ermöglichen es, Lagerplätze in Echtzeit dynamisch zu zuweisen: Schnell drehende Artikel werden näher an stark frequentierten Bereichen platziert, während langsamere SKUs in weniger zugänglichen Zonen untergebracht werden können. Diese Anpassungen auf Basis von Nachfrageänderungen – sei es saisonal oder durch kurzfristige Trends – minimieren ungenutzte Kapazitäten erheblich.

Ein hilfreiches Beispiel ist die Verwendung von Lagerverwaltungssystemen, die eine chaotische Slotting-Strategie ermöglichen – das bedeutet, dass Produkte keinen festen Platz haben, sondern je nach Verfügbarkeit flexibel verteilt werden. Solche Systeme nutzen alle freien Lagerplätze effizient aus und passen sich automatisch an Veränderungen im Bestand und in der Umschlaggeschwindigkeit an.

Neben Software-basierten Lösungen ist auch der Einsatz flexibler Lagersysteme eine bedeutende Maßnahme. Dazu gehören beispielsweise verstellbare Regalsysteme oder mobilisierte/mobile Lagersysteme, die durch Anpassung der Regalteile oder Verschiebung ganzer Gänge zusätzlichen Raum schaffen. Ebenso bieten dynamische Palettenregalsysteme eine hohe Flexibilität: Paletten bewegen sich automatisch vor, sobald sie entnommen wurden, was nicht nur Platz spart, sondern auch die Effizienz bei Einlagerung und Zugriff erhöht.

Nicht zuletzt sind regelmäßige Bestandsüberprüfungen und Inventuren essenziell, um Lagerplatzstrategien anzupassen. In Branchenstandards wird empfohlen, Slotting-Bewertungen alle drei bis sechs Monate durchzuführen – abhängig von der Lageraktivität – um sicherzustellen, dass Lagerplatzzuweisungen weiterhin optimal zur Produktdynamik passen. Dabei helfen WMS und Analytik-Tools zur kontinuierlichen Überwachung von Kennzahlen wie Kommissionierwegen, Slot-Auslastung oder Arbeitszeitaufwand.

Überblick der Strategien:

Dynamische Slotting-Strategien: Laufende Anpassung der Lagerplätze basierend auf Umschlagsrate und Echtzeitdaten – ideal gesteuert durch ein fortschrittliches WMS.

Einsatz flexibler Lagersysteme: Verstellbare Regalsysteme oder mobile Lagerlösungen schaffen mehr Nutzungsfreiraum; dynamische Racking-Systeme und Pallet-Shuttle unterstützen die effiziente Lagerplatznutzung.

Regelmäßige Bestandsüberprüfungen: Quartalsweise bis halbjährliche Slotting-Bewertungen, unterstützt durch Datenauswertung und Mitarbeiter-Feedback, um Lagerstrategien aktuell und effizient zu halten.

Fazit

Der Honeycombing-Effekt kann erhebliche Auswirkungen auf Lagerkapazität und Effizienz haben. Übrig bleibende, ungenutzte Lagerplätze – weil sie reserviert sind, aber nicht benutzt werden können – führen zu einer direkten Einbuße an nutzbarer Kapazität. Die Folge ist nicht nur Verschwendung wertvollen Raumvolumens und höhere Lagerkosten pro Einheit, sondern auch geringere Produktivität und potenziell steigende Sicherheitsrisiken durch ineffiziente Lagerzustände.

Empfehlungen für Unternehmen

Um dem Honeycombing-Effekt wirksam entgegenzuwirken, empfiehlt sich insbesondere:

Implementierung dynamischer Slotting-Strategien: Eine flexible und an die aktuelle Umschlagshäufigkeit der Produkte angepasste Lagerplatzvergabe – ideal gesteuert durch ein modernes Warehouse-Management-System (WMS) – reduziert ungenutzte Stellplätze und passt sich Demand-Schwankungen bedarfsgenau an.

Einsatz flexibler Lagersysteme: Systeme wie mobile Regale, verstellbare Gestelle oder Pallet-Shuttle-Systeme ermöglichen eine effiziente Nutzung von Lagerraum. Mit deren Hilfe lassen sich Leerplätze vermeiden und die Lagerkapazität erheblich steigern. Beispiele hierfür sind Pallet-Shuttle-Systeme, die unterschiedliche SKUs pro Kanal zulassen, und mobile Regalsysteme, die Lagerdichte optimieren.

Diese beiden Maßnahmen ergänzen sich hervorragend: Während das WMS für intelligente und datenbasierte Slotting-Entscheidungen sorgt, erhöht die technische Anpassungsfähigkeit der Lagersysteme die physische Flexibilität im Lager.

Kurz zusammengefasst: Der Honeycombing-Effekt mindert maßgeblich die Lagerauslastung und Effizienz. Unternehmen sollten daher dynamische Slotting-Strategien und anpassungsfähige Lagersysteme in Betracht ziehen, um ihre Lagerlogistik zu optimieren und verlorene Kapazitäten nachhaltig zu vermeiden.

Diese Website verwendet Cookies, um sicherzustellen, dass Sie die bestmögliche Erfahrung auf unserer Website erhalten.