Sicherheit im Lager: Praktische Tipps für einen unfallfreien Betrieb
Die Arbeit im Lagerumfeld ist von Natur aus mit verschiedenen Gefährdungen verbunden. Unfälle können nicht nur zu physischen Verletzungen führen, sondern auch erhebliche wirtschaftliche und organisatorische Folgen für Unternehmen haben. Daher ist die Gewährleistung der Sicherheit im Lagerbetrieb von zentraler Bedeutung.
Bedeutung der Arbeitssicherheit im Lagerumfeld
Lagerhäuser sind Orte intensiver physischer Aktivität, in denen schwere Lasten bewegt, Flurförderzeuge eingesetzt und enge Verkehrswege genutzt werden. Diese Faktoren erhöhen das Risiko von Unfällen erheblich. Ein sicherer Arbeitsplatz schützt nicht nur die Gesundheit der Mitarbeitenden, sondern trägt auch zur Effizienz und Produktivität des Unternehmens bei. Unternehmen, die in Arbeitssicherheit investieren, profitieren von geringeren Ausfallzeiten, weniger Schadensfällen und einer höheren Mitarbeitermotivation.
Statistiken zu Arbeitsunfällen im Lagerbereich
Laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) wurden im Jahr 2023 insgesamt 783.426 meldepflichtige Arbeitsunfälle in Deutschland registriert, was einem Rückgang von 0,5 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Das relative Unfallrisiko lag bei etwa 18,1 Unfällen je 1.000 Vollzeitarbeiter. Besonders in Bereichen mit hohem körperlichen Einsatz, wie Lagern, ist das Unfallrisiko weiterhin erhöht.
Verantwortung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern
Die Verantwortung für Arbeitssicherheit liegt sowohl beim Arbeitgeber als auch bei den Arbeitnehmern. Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, Arbeitsplätze so zu gestalten, dass Gefährdungen für Leben und Gesundheit der Beschäftigten vermieden werden. Dies umfasst unter anderem die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen, die Bereitstellung geeigneter Schutzausrüstung und die Schulung der Mitarbeitenden. Arbeitnehmer wiederum sind verpflichtet, die ihnen zur Verfügung gestellten Sicherheitsvorkehrungen zu beachten und Gefahrenquellen zu melden. Diese geteilte Verantwortung fördert eine Sicherheitskultur, in der alle Beteiligten aktiv zum Schutz am Arbeitsplatz beitragen.
In den folgenden Abschnitten werden wir konkrete Maßnahmen und Best Practices vorstellen, die dazu beitragen, die Sicherheit im Lagerbetrieb nachhaltig zu erhöhen.
Gefährdungen im Lager: Wo lauern Risiken?
Lagerumgebungen sind komplexe Arbeitsbereiche, in denen verschiedene Gefährdungen zusammentreffen. Das Verständnis dieser Risiken ist entscheidend, um präventive Maßnahmen zu ergreifen und die Sicherheit der Mitarbeitenden zu gewährleisten.
Unfälle mit Flurförderzeugen
Flurförderzeuge wie Gabelstapler sind in Lagerbetrieben unverzichtbar, bergen jedoch erhebliche Gefahren. Die häufigsten Unfallarten umfassen das Anfahren von Personen, das Herabfallen von Ladung, umstürzende Gabelstapler sowie das Herabstürzen von Personen, die sich auf dem Lastaufnahmemittel befanden.
Präventionstipps:
• Regelmäßige Schulungen für Fahrer und Mitarbeitende
• Einsatz von Sicherheitszonen und klarer Verkehrsführung
• Technische Sicherheitsvorkehrungen wie Rückfahrwarner und stabile Ladungssicherung
Umgang mit schweren Lasten und Paletten
Der manuelle Umgang mit schweren Lasten ist eine der Hauptursachen für Rücken- und Gelenkverletzungen im Lager. Falsche Hebetechniken oder Überlastungen können zu chronischen Erkrankungen führen. Die DGUV Unfallstatistik 2021 verzeichnete 83.098 Arbeitsunfälle im Zusammenhang mit Förder-, Transport- und Lagereinrichtungen, wobei viele dieser Unfälle auf unsachgemäßen Umgang mit Lasten zurückzuführen sind.
Präventionstipps:
• Schulung in ergonomischen Hebetechniken
• Bereitstellung von Hilfsmitteln wie Hebehilfen und Rollwagen
• Regelmäßige Pausen zur Entlastung des Bewegungsapparates
Rutsch-, Stolper- und Sturzgefahren
Stürze gehören zu den häufigsten Unfallursachen in Lagerbetrieben. Laut der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) sind etwa 25 % der Unfälle in Mitgliedsunternehmen Sturzunfälle.
Präventionstipps:
• Sicherstellung eines sauberen und ordentlichen Arbeitsumfelds
• Einsatz von rutschhemmenden Bodenbelägen und Matten
• Kennzeichnung von Gefahrenstellen mit entsprechenden Warnschildern
Elektrische Gefährdungen und ESD-Risiken
Elektrostatische Entladungen (ESD) stellen eine unsichtbare Gefahr für elektronische Bauteile dar. Bereits geringe Entladungen können Mikrochips und andere empfindliche Komponenten beschädigen oder zerstören.
Präventionstipps:
• Verwendung von ESD-sicheren Arbeitsplätzen und -materialien
• Erdung von Personen und Geräten durch spezielle Armbänder und Matten
• Schulung der Mitarbeitenden im Umgang mit empfindlichen Bauteilen
Zusammenfassung
Die Identifikation und Bewertung von Gefährdungen im Lagerbetrieb ist der erste Schritt zu einem sicheren Arbeitsumfeld. Durch gezielte Präventionsmaßnahmen können viele Risiken minimiert und die Sicherheit der Mitarbeitenden nachhaltig verbessert werden. Ein kontinuierlicher Dialog zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie regelmäßige Schulungen sind dabei unerlässlich.
Sicherheitsvorschriften und gesetzliche Grundlagen
Die Sicherheit im Lagerbetrieb ist nicht nur eine unternehmerische Verantwortung, sondern auch gesetzlich verankert. Verschiedene Vorschriften und Normen bilden den rechtlichen Rahmen, um Arbeitsunfälle zu vermeiden und die Gesundheit der Mitarbeitenden zu schützen.
DGUV-Vorgaben und ihre Bedeutung
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) erlässt verbindliche Unfallverhütungsvorschriften, die für alle Mitgliedsbetriebe gelten. Diese Vorschriften konkretisieren die Anforderungen des Arbeitsschutzgesetzes und setzen die europäische Arbeitsschutzrahmen-Richtlinie in nationales Recht um. Ein zentrales Dokument ist die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“, die allgemeine Pflichten der Arbeitgeber im Arbeitsschutz definiert. Darüber hinaus existieren branchenspezifische Vorschriften, wie beispielsweise die DGUV Vorschrift 2, die die Pflichten zur Bestellung von Betriebsärztinnen und -ärzten sowie Fachkräften für Arbeitssicherheit regelt.
Wichtige Normen für Lagereinrichtungen
Für die Sicherheit von Lagereinrichtungen und -geräten ist die DGUV Information 208-061 maßgeblich. Diese ersetzt die zuvor gültige DGUV Regel 108-007 und enthält Festlegungen und Empfehlungen, um den sicheren Betrieb von Lagereinrichtungen und Ladungsträgern zu gewährleisten. Sie behandelt Aspekte wie Bau und Ausrüstung, Betrieb, Prüfung sowie Instandhaltung von Lagereinrichtungen und Ladungsträgern.
Ergänzend dazu sind europäische Normen wie die DIN EN 15635 „Kraftbetriebene verschiebbare Paletten- und Fachbodenregale, Umlaufregale und Lagerlifte – Sicherheitsanforderungen“ relevant. Diese Normen konkretisieren Anforderungen an die Sicherheit von Lagereinrichtungen und sind in Deutschland anwendbar.
Rechtliche Pflichten von Arbeitgebern
Nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sind Arbeitgeber verpflichtet, Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz zu beurteilen und notwendige Schutzmaßnahmen umzusetzen. Dies umfasst unter anderem die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen, die Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel und die Schulung der Mitarbeitenden.
Zusätzlich regelt das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) die Bestellung von Betriebsärztinnen und -ärzten sowie Fachkräften für Arbeitssicherheit. Diese Fachkräfte unterstützen den Arbeitgeber bei der Umsetzung der Arbeitsschutzmaßnahmen und beraten ihn in Fragen der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.
Durch die Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben tragen Arbeitgeber aktiv dazu bei, die Sicherheit im Lagerbetrieb zu erhöhen und rechtlichen Konsequenzen vorzubeugen.
Praktische Sicherheitsmaßnahmen im Lageralltag
Die Umsetzung praktischer Sicherheitsmaßnahmen im Lageralltag ist entscheidend, um Arbeitsunfälle zu vermeiden und die Gesundheit der Mitarbeitenden zu schützen. Neben gesetzlichen Vorgaben und technischen Einrichtungen spielen vor allem Schulungen, der Einsatz persönlicher Schutzausrüstung (PSA), der sichere Umgang mit Flurförderzeugen und eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung eine zentrale Rolle.
Regelmäßige Schulungen und Unterweisungen
Eine kontinuierliche Schulung der Mitarbeitenden ist unerlässlich, um Sicherheitsstandards zu vermitteln und das Bewusstsein für Gefährdungen zu schärfen. Gemäß DGUV Vorschrift 1 sind Arbeitgeber verpflichtet, ihre Beschäftigten regelmäßig über Gefahren am Arbeitsplatz zu unterweisen und die Unterweisungen zu dokumentieren. Dies umfasst unter anderem die sichere Handhabung von Arbeitsmitteln, den richtigen Umgang mit Gefahrstoffen und das Verhalten im Notfall. Spezielle Schulungen für den Umgang mit Flurförderzeugen sind ebenfalls vorgeschrieben und sollten praxisorientiert durchgeführt werden, um die Handlungskompetenz der Mitarbeitenden zu erhöhen.
Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung (PSA)
Der Einsatz geeigneter persönlicher Schutzausrüstung ist ein effektives Mittel, um das Risiko von Verletzungen zu minimieren. Im Lagerumfeld gehören dazu unter anderem Sicherheitsschuhe, Schutzhelme, Handschuhe, Schutzbrillen und Warnwesten. Die Auswahl der PSA sollte auf die spezifischen Gefährdungen des jeweiligen Arbeitsbereichs abgestimmt sein. Darüber hinaus ist es wichtig, die Mitarbeitenden regelmäßig in der richtigen Handhabung und Pflege der PSA zu schulen, um deren Wirksamkeit zu gewährleisten.
Sicherer Umgang mit Flurförderzeugen
Flurförderzeuge wie Gabelstapler sind im Lagerbetrieb unverzichtbar, bergen jedoch erhebliche Gefahren. Unfälle können durch unzureichende Schulung, mangelnde Aufmerksamkeit oder technische Defekte verursacht werden. Um die Sicherheit zu erhöhen, sind regelmäßige Schulungen gemäß DGUV Vorschrift 68 erforderlich. Diese Schulungen sollten sowohl theoretische Inhalte als auch praktische Fahrübungen umfassen, um die Fahrkompetenz der Mitarbeitenden zu fördern. Zusätzlich müssen Flurförderzeuge regelmäßig gewartet und auf ihre Betriebssicherheit überprüft werden.
Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung
Eine ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze trägt wesentlich zur Vermeidung von Muskel-Skelett-Erkrankungen bei. Dazu gehört die Anpassung der Arbeitshöhen, die Bereitstellung von Hilfsmitteln wie Hebehilfen oder Rollwagen und die Gestaltung von Arbeitsabläufen, die unnötige körperliche Belastungen vermeiden. Regelmäßige Pausen und Bewegungsübungen sind ebenfalls wichtig, um die körperliche Belastung zu reduzieren. Darüber hinaus sollten Mitarbeitende in ergonomischen Arbeitsweisen geschult werden, um langfristige Gesundheitsschäden zu vermeiden.
Zusammenfassung
Die Implementierung praktischer Sicherheitsmaßnahmen im Lageralltag ist ein kontinuierlicher Prozess, der regelmäßige Schulungen, den Einsatz geeigneter PSA, den sicheren Umgang mit Flurförderzeugen und eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung umfasst. Durch die konsequente Umsetzung dieser Maßnahmen können Risiken minimiert und die Sicherheit sowie Gesundheit der Mitarbeitenden nachhaltig gefördert werden.
Notfallmanagement: Was tun im Ernstfall?
Im Lagerbetrieb können Notfälle wie Unfälle, Brände oder chemische Leckagen jederzeit auftreten. Ein effektives Notfallmanagement ist daher unerlässlich, um schnell und koordiniert reagieren zu können. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) stellt hierzu praxisnahe Leitfäden bereit, die Unternehmen bei der Planung und Umsetzung unterstützen.
Erste-Hilfe-Maßnahmen
Im Notfall zählt jede Sekunde. Die DGUV Information 204-022 beschreibt die grundlegenden Erste-Hilfe-Maßnahmen, die jeder Mitarbeitende kennen sollte. Dazu gehören unter anderem:
• Absichern der Unfallstelle: Gefährdungen für weitere Personen vermeiden.
• Rettung aus der Gefahrenzone: Nur wenn keine eigenen Gefährdung besteht.
• Notruf absetzen: Die bundesweit einheitliche Notrufnummer ist 112. Dabei sollten klare Angaben zum Unfallort, zur Art des Vorfalls und zur Anzahl der betroffenen Personen gemacht werden.
• Erste Hilfe leisten: Je nach Situation Maßnahmen wie stabile Seitenlage, Herz-Lungen-Wiederbelebung oder Blutstillung durchführen.
• Warten auf den Rettungsdienst: Den Betroffenen beruhigen und weitere Hilfe leisten, bis professionelle Rettungskräfte eintreffen.
Jede Erste-Hilfe-Leistung muss gemäß § 24 Abs. 6 der DGUV Vorschrift 1 dokumentiert und mindestens fünf Jahre aufbewahrt werden.
Notrufnummern und Kommunikationswege
Ein klar strukturierter Kommunikationsplan ist entscheidend. Die DGUV Information 205-033 empfiehlt, Notrufnummern wie 112 (Feuerwehr und Rettungsdienst) und 110 (Polizei) in einem Alarmplan festzulegen. Dieser Plan sollte an zentralen Stellen im Unternehmen ausgehängt und regelmäßig aktualisiert werden.
Neben den Notrufnummern sollten auch interne Kommunikationswege definiert werden, um schnell die zuständigen Personen wie Sicherheitsbeauftragte oder Betriebsärztinnen und -ärzte zu informieren.
Evakuierungspläne und Sammelstellen
Gemäß § 4 Abs. 4 der Arbeitsstättenverordnung ist der Arbeitgeber verpflichtet, einen Flucht- und Rettungsplan aufzustellen, wenn die Lage, Ausdehnung und Art der Nutzung der Arbeitsstätte dies erfordern.
Dieser Plan sollte folgende Elemente enthalten:
• Fluchtwege und Notausgänge: Deutlich gekennzeichnet und stets freigehalten.
• Sammelstellen: Orte, an denen sich alle Mitarbeitenden nach einer Evakuierung versammeln.
• Löschgeräte und Erste-Hilfe-Ausrüstung: Standorte von Feuerlöschern, Verbandskästen und Augenspülstationen.
• Evakuierungsübungen: Regelmäßige Übungen, um die Wirksamkeit des Plans zu überprüfen und Mitarbeitende mit den Abläufen vertraut zu machen.
Die DGUV Information 205-033 bietet hierzu praxisorientierte Handlungshilfen, die Unternehmen bei der Erstellung und Umsetzung eines effektiven Evakuierungsplans unterstützen.
Zusammenfassung
Ein gut durchdachtes Notfallmanagement ist im Lagerbetrieb unerlässlich, um im Ernstfall schnell und effektiv handeln zu können. Durch die Umsetzung der genannten Maßnahmen und die regelmäßige Schulung der Mitarbeitenden kann die Sicherheit im Unternehmen nachhaltig erhöht werden.
Fazit: Sicherheit als Erfolgsfaktor
Die Implementierung eines umfassenden Sicherheitskonzepts im Lagerbetrieb ist nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern ein entscheidender Erfolgsfaktor für jedes Unternehmen. Durch die konsequente Umsetzung der zuvor behandelten Maßnahmen – von der Identifikation von Gefährdungen über die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften bis hin zu praktischen Sicherheitsmaßnahmen und einem effektiven Notfallmanagement – wird ein sicheres Arbeitsumfeld geschaffen, das sowohl die Gesundheit der Mitarbeitenden schützt als auch die Effizienz und Produktivität steigert.
Die Verantwortung für Sicherheit im Lager liegt nicht nur bei den Arbeitgebern, sondern auch bei jedem einzelnen Mitarbeitenden. Nur durch gemeinsames Engagement und die Bereitschaft, Sicherheitsstandards einzuhalten und kontinuierlich zu verbessern, kann ein nachhaltiger Erfolg erzielt werden.