Alkohol und Gabelstapler – gesetzliche Vorschriften und Firmenrichtlinien
Warum ist das Thema so wichtig?
Der Umgang mit Alkohol im Umfeld von Gabelstaplern betrifft zentrale Aspekte der Arbeitssicherheit, Unfallprävention und Verantwortlichkeit. Bereits geringe Konzentrationen können Reaktionsfähigkeit, Aufmerksamkeit und Koordination erheblich beeinträchtigen – Faktoren, die beim Führen eines Flurförderzeugs den Unterschied zwischen sicherer Durchführung und schwerem Unfall ausmachen. Jede Gefährdung durch Alkohol am Arbeitsplatz erhöht das Risiko schwerer Unfälle erheblich.
Gesetzlicher & betrieblicher Überblick
Nach DGUV Vorschrift 1 („Grundsätze der Prävention“) ist es Beschäftigten verboten, sich „durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln in einen Zustand zu versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können“ (§ 15 Abs. 2). Ergänzend verpflichtet § 7 (Abs. 2) Arbeitgeber dazu, Personen nicht einzusetzen, die offensichtlich nicht in der Lage sind, ihre Arbeit ohne Gefahr auszuführen. Diese Regelungen bieten den rechtlichen Rahmen, legen aber keine festen Promillegrenzen fest – vielmehr ist stets die konkrete Gefährdungslage entscheidend.
Unternehmen haben daher einen weiten, aber klaren Gestaltungsspielraum: Sie können durch betriebliche Regelungen wie Betriebsvereinbarungen, klare Alkoholverbote, Sensibilisierungsschulungen und Unterstützungsangebote das Thema präventiv adressieren und ein sicheres Arbeitsumfeld fördern.
Gesetzliche Grundlagen in Deutschland
DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“
Diese zentrale Unfallverhütungsvorschrift legt klare Anforderungen an Beschäftigte und Unternehmen im Umgang mit Suchtmitteln fest:
• § 15 Abs. 2 besagt, dass Versicherte sich durch Alkohol, Drogen oder andere berauschende Mittel nicht in einen Zustand versetzen dürfen, in dem sie sich selbst oder andere gefährden könnten.
• Absatz 3 erweitert das Verbot auf die Einnahme von Medikamenten mit ähnlicher Wirkung.
• Darüber hinaus verpflichtet § 7 Abs. 2 Arbeitgeber, Beschäftigte, die offensichtlich nicht mehr sicher arbeiten können, nicht einzusetzen – etwa bei akut alkoholbedingter Beeinträchtigung.
DGUV Vorschrift 68 „Flurförderzeuge“
Diese Vorschrift richtet sich speziell an das sichere Betreiben von Gabelstaplern und ähnlichen Geräten:
• Zwar finden sich in den öffentlich zugänglichen Bereichen zur Vorschrift keine wörtlichen Formulierungen zum Alkoholverbot, jedoch ist klar: Das Führen von Flurförderzeugen setzt stets uneingeschränkte körperliche und geistige Eignung voraus. Wem das sichere Steuern nicht möglich ist, der darf kein Flurförderzeug führen.
• Die Vorschrift regelt ausdrücklich, wer ein Gerät bedienen darf – und zwar nur geeignete, ausgebildete und beauftragte Personen gemäß § 7, wobei dies u. a. eine Prüfung der körperlichen und psychischen Eignung umfasst.
Zusammengefasst lässt sich festhalten: Während DGUV V 1 den allgemeinen Rahmen für den Umgang mit Alkohol am Arbeitsplatz vorgibt, fordert DGUV V 68 speziell für Flurförderzeuge die uneingeschränkte Eignung des Bedieners – Alkohol ist hier also definitiv ausgeschlossen.
Weitere relevante Regelwerke und Vorschriften
Betriebssicherheitsverordnung und EU-Richtlinie 2009/104/EG
Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) setzt die EU-Richtlinie 2009/104/EG in deutsches Recht um und bildet die Grundlage für den sicheren Einsatz von Arbeitsmitteln:
• Arbeitgeber sind laut dieser Verordnung verpflichtet, Arbeitsmittel – wie Gabelstapler – in einem sicheren und funktionsfähigen Zustand bereitzustellen und regelmäßig zu warten.
• Darüber hinaus müssen Anwender befähigt und ausreichend geschult werden, so dass sie Gefahren erkennen, das Gerät sicher bedienen und im Ernstfall angemessen reagieren können.
• Diese Anforderungen korrespondieren mit den Vorgaben der EU-Richtlinie 2009/104/EG, die ebenfalls den Schutz von Beschäftigten bei der Benutzung von Arbeitsmitteln – einschließlich Schulung und Eignung des Bedienpersonals – betont.
Betriebsanweisungen für Flurförderzeuge (§ 5 DGUV Vorschrift 68)
Die DGUV Vorschrift 68, welche speziell Gabelstapler und andere Flurförderzeuge regelt, sieht in § 5 die Erstellung von Betriebsanweisungen vor:
• Diese Anweisungen müssen klar festlegen, wer, wann und wie ein Flurförderzeug benutzt werden darf, einschließlich der Anforderungen an Alkohol- und Drogenfreiheit beim Führen des Geräts.
• Die Betriebsanweisung dient damit als verbindliches Nachschlagewerk im Betrieb – insbesondere auch dann, wenn es um den Umgang mit Alkohol am Arbeitsplatz geht, etwa durch das klare Verbot des Fahrens unter beeinträchtigenden Substanzen.
Rolle der Unternehmensrichtlinien
Erstellung betrieblicher Alkoholregeln
Unternehmen sollten klare Unternehmensrichtlinien formulieren, beispielsweise ein generelles Alkoholverbot während der Arbeitszeit und auf dem Betriebsgelände, verankert durch eine Betriebsvereinbarung. Solch eine Regel schafft Rechtssicherheit und hilft, Unsicherheiten zu vermeiden – gerade im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.
Suchtprävention und Aufklärung
Die Sensibilisierung aller Mitarbeitenden – inklusive Führungskräfte – ist essenziell. Dies umfasst regelmäßige Schulungen, Workshops, Newsletter oder Gesundheitstage, die über die Gefahren von Alkohol am Arbeitsplatz aufklären. Weiterhin sollten Führungskräfte trainiert werden, Hinweise auf riskanten Konsum frühzeitig zu erkennen und angemessen zu reagieren.
Unterstützungsangebote
Ein wertvoller Baustein ist der Aufbau interner und externer Hilfsangebote: anonyme Suchtberatung, Kooperationen mit Suchthilfeeinrichtungen, arbeitspsychologische Beratung sowie vertrauensvolle Anlaufstellen können Mitarbeitern bei Problemen mit Alkohol helfen – und werden von DGUV-Präventionsunterlagen als effektive Maßnahme empfohlen.
Alkoholkontrollen: Einsatz und datenschutzrechtliche Grenzen
Kontrollen dürfen nur unter konkretem Verdacht angeordnet werden – generelle oder routinemäßige Tests verstoßen gegen die Grundsätze des Datenschutzes (z. B. Datenminimierung, Zweckbindung) und stehen in der Gefahr, unzulässig zu sein. Eine Einwilligung ist in der Regel rechtlich unsicher, da sie wegen des Abhängigkeitsverhältnisses oft als nicht freiwillig gilt. Nur in stark sicherheitsrelevanten Bereichen könnten gesetzliche Grundlagen eine Kontrolle rechtfertigen.
Schnittstellen zwischen gesetzlichen und betrieblichen Vorgaben
Integration gesetzlicher Pflichten in innerbetriebliche Prozesse
Gesetzliche Vorgaben wie die DGUV Vorschrift 1 und 68 sowie das Arbeitsschutzgesetz müssen fest in die betrieblichen Abläufe integriert werden. Das beginnt bereits bei der Aufnahme der Tätigkeit durch neue Mitarbeitende: Unterweisungen über Sicherheit und Gesundheitsschutz, angepasst auf den Arbeitsplatz (z. B. Gabelstapler), müssen vor Arbeitsaufnahme und mindestens jährlich stattfinden und werden idealerweise mit konkreten Inhalten zur Alkoholvermeidung verknüpft. So werden die gesetzlichen Pflichten systematisch Teil des täglichen Arbeitsschutzes.
Dokumentation und Nachweispflicht rechtlicher Schulungen und Unterweisungen
Gesetzlich geforderte Unterweisungen müssen sorgfältig dokumentiert werden – mit Datum, Inhalten, Name des jeweils Unterweisenden und Teilnehmenden, sowie deren Unterschrift zur Bestätigung des Verständnisses. Diese Dokumentation ist essenziell für rechtliche Nachweise bei Kontrollen oder Unfällen und dient als Schutzschild für Führungskräfte. Zusätzlich ist es sinnvoll, Unterweisungsnachweise über längere Zeiträume aufzubewahren, um Compliance und Kontinuität nachweisen zu können.
Rechte und Pflichten von Mitarbeitenden und Führungskräften im Rahmen der Prävention
Mitarbeitende sind verpflichtet, an Unterweisungen teilzunehmen, sich der Gefährdung bewusst zu sein und Sicherheitsregeln wie das Alkoholverbot umsichtig einzuhalten. Die Führungskräfte tragen die Verantwortung dafür, dass diese Unterweisungen tatsächlich stattfinden, sie korrekt umgesetzt und dokumentiert werden, und sie müssen im Zweifelsfall einschreiten, zum Beispiel bei Alkoholverdacht am Arbeitsplatz. Der gesetzlich festgelegte Rahmen schafft damit klare Verantwortlichkeiten: Beide Seiten – Mitarbeitende und Leitung – sind gefordert, das Thema Prävention aktiv mitzugestalten.
Praxisbeispiele und Handlungsempfehlungen
Beispiel für ein gut strukturiertes Alkoholverbot + Schulungskonzept
Ein effektives Konzept kombiniert ein verbindliches, absolutes Alkoholverbot mit einem durchdachten Schulungsprogramm. Die Betriebsvereinbarung könnte etwa so formuliert sein:
• Alkoholverbot: „Das Mitbringen und der Konsum alkoholischer Getränke während der Arbeitszeit (einschließlich Pausen) sowie der Zutritt zum Betrieb in alkoholisiertem Zustand sind untersagt.“
• Ausnahmen werden nur bei betrieblichen Feiern explizit geregelt und von der Geschäftsleitung schriftlich freigegeben.
• Konsequenzen bei Verstößen:
• Bei begründetem Verdacht ist der Betroffene sofort vom Einsatz auszuschließen
• Häufige oder gefährliche Verstöße führen zur Abmahnung oder – je nach Schwere – zur Kündigung
Das begleitende Schulungskonzept könnte folgende Elemente umfassen:
• Regelmäßige Informationsveranstaltungen über Gefahren von Alkohol am Arbeitsplatz, idealerweise als verpflichtende Unterweisung für Fahrer:innen von Flurförderzeugen
• Breite Kommunikationskampagnen (Plakate, Newsletter, kurze Videos), die präventive Themen wie Anerkennung von Warnsignalen oder das eigene Handeln thematisieren
Tipps für die Formulierung von Betriebsvereinbarungen
Bei der Ausarbeitung von Betriebsvereinbarungen hilft es, folgende Punkte zu berücksichtigen:
• Rechtsgrundlage klären: Das Alkoholverbot muss im Rahmen des Arbeitsrechts und mit Zustimmung des Betriebsrats formuliert werden, etwa über eine Betriebsvereinbarung gemäß § 87 BetrVG
• Umfang klar abgrenzen: Legen Sie fest, ob das Verbot auch für Pausen oder das Betriebsgelände außerhalb der Arbeitszeit gilt, und wie mit Ausnahmen bei Betriebsfeiern umgegangen wird
• Verantwortungen regeln: Schreiben Sie klar fest, dass Führungskräfte auffällige Situationen beobachten, melden und geeignete Maßnahmen einleiten müssen
Stichwort: präventive Maßnahmen, Verantwortlichkeiten & Intervention bei Verdachtsfällen
• Vermeidung von Risikosituationen: Alkohol sollte in Kantinen nicht angeboten werden.
• Klare Eskalationsstufen: Führen Sie einen Stufenplan ein – beginnend mit Beobachtung/Aufklärung, Gespräch, eventueller Hinzuziehung von Betriebsarzt oder Suchtbeauftragten bis hin zu disziplinarischen Maßnahmen
• Offenheit und Dokumentation: Wenn ein Verdachtsfall vorliegt (z. B. auffälliges Verhalten, Alkoholfahne), sollte die Führungskraft sofort intervenieren – ohne Schuldzuweisungen, aber mit klarem Vorgehen: sichere Heimwege, Vier-Augen-Gespräch am Folgetag und systematische Dokumentation aller Beobachtungen
Zusammenfassung & Fazit
Wichtigste Erkenntnisse kurz zusammengefasst
• Bereits geringe Alkoholmengen können die Reaktionsfähigkeit und Koordination massiv beeinträchtigen — beim Führen eines Gabelstaplers kann das zu schweren Unfällen führen.
• Die gesetzlichen Vorgaben — insbesondere DGUV Vorschrift 1 (Arbeitsfähigkeit ohne Gefährdung) sowie DGUV Vorschrift 68 (uneingeschränkte Eignung bei Flurförderzeug – auch ohne Restalkohol) — schaffen den rechtlichen Rahmen für sichere Arbeitspraktiken.
• Ergänzt werden diese Vorschriften durch die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und die EU-Richtlinie 2009/104/EG, die Schulung und sichere Bereitstellung von Arbeitsmitteln fordern. Betriebsanweisungen gemäß § 5 DGUV Vorschrift 68 sorgen für klare, verbindliche Regeln im Alltag.
• Unternehmensinterne Alkoholregeln, Schulungskonzepte zur Suchtprävention, sowie unterstützende Hilfsangebote schaffen ein Umfeld, das Sicherheit fördert und gesetzliche Anforderungen nahtlos ergänzt.
Bedeutung der Kombination aus klarer Gesetzeslage und konsequenten Firmenrichtlinien
• Die gesetzliche Landschaft legt die unverzichtbare Basis — aber erst konsequent umgesetzte und kommunizierte Unternehmensrichtlinien machen sie wirksam im betrieblichen Alltag.
• Compliance bedeutet hier nicht nur, Regeln auf dem Papier zu haben, sondern sie durch Schulung, Unterweisung, Dokumentation und klare Verantwortlichkeitsregelungen tatsächlich zu leben. Nur so entsteht ein nachhaltiger Sicherheitsmehrwert.
Aufruf zur Umsetzung: Schaffung eines sicheren und verantwortungsbewussten Arbeitsumfeldes
• Beginnen Sie jetzt: Implementieren Sie verbindliche Alkoholregelungen, unterfüttern Sie diese mit klaren Schulungskonzepten und Betriebsanweisungen – idealerweise abgestimmt mit Ihrem Betriebsrat.
• Sensibilisierung, präventive Kommunikation und ein handhabbarer Eskalationsplan bei Verdachtsfällen sind Schlüssel zu einer echten Sicherheitskultur.
• So schützen Sie Mitarbeitende, senken Unfallrisiken und schaffen ein verantwortungsvolles, vertrauensvolles Arbeitsumfeld — das langfristig auch Ihrem Unternehmen zugutekommt.