Arbeitskörbe: Vorschriften & Pflichten
Der Einsatz von Stapler-Arbeitskörben ist in der Lagerlogistik und Instandhaltung ein bewährtes Mittel, um Personen in höhere Arbeitsebenen zu bringen – etwa für Wartung, Regalkommissionierung oder Installationsarbeiten. Anders als klassische Hubarbeitsbühnen werden diese Arbeitskörbe direkt an Gabelstaplern montiert und ermöglichen so hohe Flexibilität im Einsatz.
Gerade bei der Verwendung von Staplern mit Arbeitsbühne ist die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften (UVV) von zentraler Bedeutung. Heben von Personen mit Hilfsmitteln, die nicht ursprünglich dafür vorgesehen sind, birgt zusätzliche Risiken – zum Beispiel durch Quetschzonen, Kippen oder Absturzgefahr. Entsprechend streng sind die gesetzlichen Regelungen, um Menschen zuverlässig zu schützen und Arbeitsunfälle zu vermeiden.
Rechtlich stützen sich diese Vorschriften primär auf die DGUV Vorschrift 68 „Flurförderzeuge“ – insbesondere § 26, der den Einsatz von Arbeitsbühnen an Gabelstaplern regelt. Hinzu kommt die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), konkret Anhang 1 Ziffer 2.4, sowie die technische Regel TRBS 2121 Teil 4, die Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz beim Heben mit nicht dafür vorgesehenen Arbeitsmitteln definiert.
Rechtliche Grundlagen & relevante Vorschriften
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) – Anhang 1 § 2.4
Nach § 6 BetrSichV und speziell in Anhang 1 Ziffer 2.4 ist das Heben oder Fortbewegen von Beschäftigten grundsätzlich nur mit dafür vorgesehenen Arbeitsmitteln erlaubt. Personen dürfen ausnahmsweise mit nicht dafür vorgesehenen Arbeitsmitteln angehoben werden, wenn geeignete Schutzmaßnahmen gewährleistet sind – etwa Absturzsicherung, Unfallverhütung und Dokumentation. Diese Anforderungen werden konkretisiert durch die TRBS 2121 Teil 4 als technische Ausführungsregel.
DGUV Vorschrift 68 „Flurförderzeuge“ – § 26
§ 26 regelt detailliert den Einsatz von Flurförderzeugen mit Arbeitsbühnen:
• Unternehmer müssen Stapler mit ausreichender Tragfähigkeit bereitstellen und dafür sorgen, dass Mitarbeitende im Korb gegen Absturz, Quetsch- und Schergefahren geschützt sind.
• Beim Einsatz in Regalgängen muss zusätzlich der Schutz zwischen Arbeitskorb und Regal gewährleistet sein.
• Eine einwandfreie Verständigung zwischen Fahrer und Personen im Korb ist Pflicht (§ 26 Abs. 3).
• Umwehrungen aus Seilen oder Ketten sind verboten (§ 26 Abs. 4), der Standplatz darf nicht erhöht werden (§ 26 Abs. 5). Auch darf der Fahrer sein Fahrzeug bei angehobener Bühne nicht verlassen (§ 26 Abs. 7).
• Die Fahrt mit besetzter Bühne ist untersagt, mit Ausnahmen für Feinpositionierung, bodennahe Fahrt unter 16 km/h mit Haltegriff, sowie bestimmte Regal- oder Kommissionierstapler (§ 26 Abs. 8).
• Personen dürfen sich während Hub-, Senk- oder Fahrbewegungen nicht über die Umwehrung hinauslehnen (§ 26 Abs. 9), und technische Verständigungsanlagen müssen bei Bedarf genutzt werden (§ 26 Abs. 10).
DGUV Regel / Information 208‑31 (vorm. DGUV‑I 5183) – Mai 2020
Seit Mai 2020 ist die DGUV Information 208‑31 verbindlich für alle neu hergestellten oder geänderten Arbeitskörbe an Staplern. Sie ersetzt die bis dato gültige DGUV‑I 5183 und fasst die Anforderungen an Konstruktion, Betrieb und Prüfung eindeutig zusammen – z. B. feste, durchgriffsichere Geländer, maximale Abstände, Prüfplaketten und Herstellerhinweise zur Tragfähigkeit und Staplertyp. Hersteller mussten ihre Arbeitskörbe bis Ende 2020 bestehend an diese Norm anpassen.
Pflichten des Unternehmers
Einsatz geprüfter Arbeitskörbe
Der Unternehmer muss ausschließlich GS- oder TÜV-zertifizierte Arbeitskörbe einsetzen, die nach DGUV Information 208‑31 (ehemals DGUV‑I 5183) gefertigt und auf ihre Sicherheit geprüft sind. Solche Arbeitskörbe gewährleisten eine standardisierte Qualität bei Absturz-, Quetsch- und Scher-Schutz.
Traglast sicherstellen – 5‑fache Sicherheit
Es ist Pflicht des Unternehmers, Stapler mit ausreichender Tragfähigkeit bereit zu stellen: Die maximale Last des voll beladenen, besetzten Arbeitskorbs darf höchstens ein Fünftel der Stapler-Nenntragkraft betragen. Ergänzend muss die Verbindung von Arbeitskorb und Stapler formschlüssig sein und ein Kippen oder Abrutschen verhindern.
Schutz vor Quetsch- und Schergefahren
Besonders in Regalgängen sind Mitarbeitende im Arbeitskorb gefährdet durch enge Abstände zur Regalstruktur. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass entweder:
• eine mindestens 1,80 m hohe, geschlossene Umzäunung vorhanden ist, oder
• eine Zustimmungsschaltung (Beidhand-/Beidfuß-Bedienung) installiert ist,
damit Körperteile nicht in Quetsch- oder Scherbereiche gelangen können. Maßgeblich ist § 26 Abs. 1–2 der DGUV Vorschrift 68.
Kommunikation sicherstellen
Gemäß § 26 Abs. 3 der DGUV Vorschrift 68 ist eine einwandfreie Verständigung zwischen Staplerfahrer und Person im Arbeitskorb zwingend erforderlich. Technische Hilfsmittel wie Funkgeräte, Austauschgeräte oder verständliche Handzeichen sind zu organisieren und im Einsatz verfügbar zu machen.
Durch das konsequente Umsetzen dieser Pflichten schafft der Unternehmer die rechtliche sowie praktische Grundlage für sicheren und regelkonformen Einsatz von Stapler-Arbeitskörben im Betrieb.
Pflichten des Staplerfahrers
Nur absenken oder anheben, wenn Umwehrung geschlossen ist
Der Staplerfahrer darf die Arbeitsbühne nur heben oder senken, wenn die Umwehrung sicher befestigt und ordnungsgemäß geschlossen ist (§ 26 Abs. 6 DGUV Vorschrift 68).
Nur so ist gewährleistet, dass sich keine Person unbeabsichtigt aus der Bühne herausbewegt oder gefährdet wird.
Nicht vom Fahrersitz aufstehen bei angehobenem Korb
Solange die Arbeitsbühne angehoben ist, ist es dem Fahrer nicht gestattet, den Fahrersitz zu verlassen (§ 26 Abs. 7 DGUV 68).
Das Verlassen der Sitzposition erhöht die Gefahr von Stürzen oder unsachgemäßer Bedienung und ist aus Sicherheitsgründen klar untersagt.
Stapler darf mit besetztem Korb nicht fahren – mit Ausnahmen
Grundsätzlich darf der Stapler nicht bewegt werden, solange die Arbeitsbühne mit einer Person besetzt ist (§ 26 Abs. 8 DGUV Vorschrift 68).
Aber es bestehen drei klar definierte Ausnahmen:
1. Feinpositionierung – leichte Bewegung zur genauen Ausrichtung an der Arbeitsstelle, ohne Personen zu gefährden.
2. Bodennahes Verfahren unter 16 km/h – erlaubt, wenn die Arbeitsbühne nur bodenfrei angehoben ist, ein Haltegriff innerhalb der Kontur der Bühne vorhanden ist und die max. Geschwindigkeit des Staplers 16 km/h nicht überschreitet.
3. Regal‑ oder Kommissionierstapler im vorgesehenen Einsatz – solche Stapler dürfen mit besetztem Korb innerhalb von Regalgängen fahren, wenn sie dafür konstruiert sind.
Diese Ausnahmen müssen strikt eingehalten werden und erfordern erhöhte Aufmerksamkeit des Fahrers beim Manövrieren.
Weitere Hinweise zur Fahrweise und Pflichten
• Vor Einsatzbeginn gründliche Sichtprüfung: Schäden am Arbeitskorb oder lose Befestigungen müssen erkannt und gemeldet werden (§ 9 DGUV 68).
• Kommunikation: Funktionen gewähren, dass jederzeit Blickkontakt oder technische Verständigung mit der Person im Korb möglich ist. Notfalls Funkgeräte verwenden (§ 26 Abs. 3 und Abs. 10).
Verhalten der Person im Arbeitskorb
Nicht hinausragen oder hinausgreifen
Während Hub-, Senk- oder Fahrbewegungen dürfen sich Personen im Arbeitskorb nicht über die Umwehrung hinauslehnen oder hinausgreifen (§ 26 Abs. 9 DGUV Vorschrift 68).
Dies verhindert, dass Körperteile in gefährliche Positionen geraten und das Risiko von Quetsch- oder Scherstellen deutlich erhöht wird.
Kommunikation mit dem Fahrer aktiv nutzen
Zwischen der Person im Korb und dem Staplerfahrer muss stets eine einwandfreie Verständigung möglich sein (§ 26 Abs. 3 & 10 DGUV Vorschrift 68).
Kommunikation kann über Funkgeräte, Handzeichen oder klar definierte verbale Absprachen erfolgen. Idealerweise wird bei mehreren Personen im Korb eine verantwortliche Person festgelegt, die Anweisungen gibt (§ 26 Abs. 10).
Nutzung von PSA (Persönliche Schutzausrüstung)
Arbeiten in der Höhe erfordern den Schutz durch PSA und ggf. PSAgA (z. B. Auffanggurt mit Verbindungsmittel) im Korb.
Typische Elemente: Schutzhelm, Sicherheitsschuhe, Handschuhe und Absicherung gegen Absturz über persönliche Rückhaltesysteme (Auffanggurt). Alle PSA-Komponenten müssen regelmäßig auf Schäden geprüft werden und dürfen nur bei einwandfreiem Zustand verwendet werden.
Indem sich die Personen im Arbeitskorb an diese Regeln halten, leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Unfällen und die sichere Zusammenarbeit mit dem Staplerfahrer – gerade in anspruchsvollen Einsatzsituationen.
Technische Anforderungen an Arbeitskörbe (DGUV 208‑31 & BGI)
DGUV Information 208‑31, veröffentlicht im Mai 2020, legt verbindliche technische Anforderungen an Arbeitskörbe für Stapler fest, die Arbeitnehmer im Arbeitseinsatz zuverlässig schützen sollen.
Einfahrtaschen geschlossen unten & zur Seite
Arbeitskörbe müssen so konstruiert sein, dass Einfahrtaschen unter dem Boden nach unten und seitlich geschlossen sind. Damit wird verhindert, dass sich der Korb vom Stapler abhebt oder seitlich verschiebt – dies sorgt für formschlüssige Befestigung und stabilen Sitz beim Heben.
Boden rutschfest, ggf. max. 15 mm Öffnungen
Die Arbeitsbühnen sollten eine möglichst geschlossene, rutschfeste Bodenplatte besitzen. Gibt es Öffnungen, dürfen diese maximal 15 mm groß sein.
Umlaufgeländer mindestens 1,10 m, Fußleiste 15 cm, Sicherheitsgitter ≥ 1,80 m
• Das Umlaufgeländer muss gemäß TRBS 2121‑4 mindestens 1,10 m hoch sein sowie aus Handlauf, Knie- und Fußleiste bestehen. Der Abstand zwischen Handlauf und Knieleiste sowie zur Fußleiste darf 0,50 m nicht überschreiten.
• Die Fußleiste soll etwa 15 cm hoch sein, um herabfallende Gegenstände zu sichern.
• Zum Hubmast hin ist zusätzlich ein dichtes, durchgriffsicheres Schutzgitter von mindestens 1,80 m Höhe vorgeschrieben, das Quetsch- und Schergefahren ausschließt.
Sicherheitstür nach innen öffnend
Der Eingang muss über eine Tür verfügen, die ausschließlich nach innen öffnet und sich selbst verriegelnd in geöffneter Position befindet. Über der Fußleiste darf zwischen Türunterkante und Bodenmaximal 15 mm Abstand bestehen, um den sicheren Einstieg zu gewährleisten und Stolperfallen zu vermeiden.
GS‑ oder TÜV‑Prüfzeichen mit „Geprüft nach DGUV 208‑031“
Jeder Arbeitskorb muss mit einem GS‑ oder TÜV‑Prüfzeichen ausgestattet sein, das explizit angibt: „Geprüft nach DGUV 208‑031“. Zudem müssen Angaben zur maximalen Zuladung, dem Eigengewicht des Korbs und zur geeigneten Staplerkategorie dauerhaft lesbar angebracht und einfach erkennbar sein.
Regelmäßige Prüfungen & Dokumentation
Ein zentraler Baustein der Betriebssicherheit ist die systematische Kontrolle, Prüfung und Dokumentation von Arbeitsbühnen und Stapler-Arbeitskörben – sowohl durch tägliche Checks als auch durch regelmäßige technische Prüfungen.
Sichtprüfung vor jedem Einsatz durch befähigte oder unterwiesene Person
Vor jedem Einsatz ist eine Sichtprüfung des Arbeitskorbs auf Mängel, Beschädigungen oder lose Teile erforderlich (§ 4 Abs. 5 BetrSichV und TRBS 1201).
Ziel: offensichtliche Mängel erkennen und ggf. das Gerät außer Betrieb setzen.
Prüfung durch befähigte Person (TRBS 1201/1203)
Zusätzlich zur Einsatzprüfung muss der Arbeitskorb zur regelmäßigen technischen Prüfung. Diese ist durch eine zur Prüfung befähigte Person (gemäß TRBS 1203: Ausbildung, Erfahrung, aktuelle Praxis) durchzuführen (§ 14 BetrSichV) :
• Die TRBS 1201 regelt Umfang, Fristen und Methoden (Sichtprüfung, Funktionsprüfung, technische Tests).
• Üblicher Prüfungsintervall: mindestens einmal jährlich, oft auch nach Reparatur, Unfall oder wesentlichen Änderungen.
Prüfbuch laut BetrSichV § 3 Abs. 3 und DGUV‑Vorschrift 1
Die Ergebnisse dieser technischen Prüfungen müssen im Prüfbuch dokumentiert werden – rechtlich vorgeschrieben nach § 3 Absatz 3 BetrSichV sowie DGUV Vorschrift 1 (§2 und §3).
Das Prüfbuch enthält: Prüfprotokolle, Fristen, Feststellungen und Fristsetzungen zur Behebung von Mängeln. Es ist mindestens bis zur nächsten Prüfung aufzubewahren und bei Bedarf, etwa für Behörden, vorzeigbar.
Durch diese Kombination aus täglicher Kontrolle, regelmäßiger technischer Prüfung und sorgfältiger Dokumentation wird das Risiko mechanischer Defekte, Sicherheitsmängel oder unerkannter Schäden minimiert. Der korrekte Umgang mit Prüfbüchern Prüfung gemäß TRBS 1201/1203 schaffen eine solide Grundlage für Arbeitssicherheit und rechtliche Compliance.
Fazit & Praxistipps
Zusammenfassung: Klare Aufgaben für alle Beteiligten
Unternehmer:innen, Staplerfahrer und Beschäftigte im Korb tragen jeweils eigene, von Gesetz und Normen klar definierte Pflichten. Nur durch konsequente Umsetzung von Verantwortung auf allen Ebenen lässt sich ein sicherer Einsatz gewährleisten – was Unfälle verhindert und Haftungsrisiken minimiert.
Investition in geprüfte, normgerechte Ausstattung lohnt sich
Der Einsatz von GS‑ oder TÜV‑zertifizierten Arbeitskörben nach DGUV 208‑31 sichert nicht nur die Einhaltung rechtskräftiger Vorschriften, sondern hilft, Kosten durch Unfälle, Betriebsausfall oder Versicherungsprobleme zu vermeiden.
Darüber hinaus stärken betriebliche Prüfprozesse die Sicherheit: regelmäßige DGUV-Inspektionen verhindern technische Defekte, verlängern die Lebensdauer der Geräte und reduzieren Haftungsrisiken.
Praxistipps: Schulung & Kommunikation verbessern die Sicherheit
• Regelmäßige Schulungen und Unterweisungen aller Beteiligten sind unverzichtbar. Sie schaffen Bewusstsein für Gefahren im Einsatz, Notfallabläufe und den korrekten Umgang mit PSA und Kommunikationsmitteln.
• Eine verbindliche Kommunikation, z. B. via Funk oder Handzeichen zwischen Fahrer und Korbperson, erhöht Sicherheit und verhindert Missverständnisse beim Heben oder Manövrieren.
• Führen Sie ein Prüfbuch, dokumentieren Sie durchgeführte Prüfungen und Wartungen, um im Schadensfall nachzuweisen, dass alle Maßnahmen umgesetzt und protokolliert wurden.
Ein durchdachtes Sicherheitskonzept, passende Ausrüstung und regelmäßige Maßnahmen zahlen sich langfristig in Form von Rechtssicherheit, Produktivität und Gesundheitsschutz aus.